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Fendt 828 Vario mit Drillmaschine auf dem Acker.

Anbauplanung 2023

So steht es um die wichtigsten Kulturen

Ackerbauer brauchen derzeit einen kühlen Kopf. Viele Fragen zur Anbauplanung für die Ernte 2023 sind noch offen, doch die Saat muss raus. Auf welche Kulturen Praktiker jetzt setzen sollten erfahren Sie hier.

Winterweizen vor Ertragssprung

Bei dieser Ernte haben wir es einmal mehr erlebt: Hitzewellen und Trockenheit im Sommer setzen dem Winterweizen zu. Viele Praktiker säen daher schon längst frühreifere Sorten. Sie nutzen die Winterfeuchtigkeit intensiver aus und kommen mit frühen Hitzewellen besser zurecht. Dennoch sollte man nicht alles auf diese Karte setzen. Das empfiehlt Gerrit Hogrefe, Pflanzenbauberater bei der N.U. Agrar GmbH. „Spätreife Sorten verwerten späte Juliniederschläge besser und sollten ebenfalls im Anbauplan verbleiben“, sagt er. So habe man sein Risiko besser aufgeteilt, zumal die spätreifen Sorten in normalen Jahren nach wie vor mehr Ertrag liefern, sagt Hogrefe.

Noch unklar ist, ab wann die neuen Vorgaben aus Brüssel zum Fruchtwechsel greifen. In dem Fall wäre z.B. Stoppelweizen nicht mehr erlaubt. Sät man nach der aktuellen Ernte dennoch Weizen nach Weizen, riskiert man seine Förderung.

Allerdings: Selbst wenn Brüssel die Landwirte zwingt, auf Stoppelweizen zu verzichten, ist das nicht unbedingt ein Nachteil, sagt Berater Hogrefe. Denn andere Vorfrüchte als Weizen sorgen bei diesem für deutlich mehr Ertrag. Da gilt vor allem auf Grenzstandorten. Das Getreide profitiert zum Beispiel davon, wenn Erbse, Bohne oder Lupine den Phosphor im Boden aufgeschlossen haben. Leguminosen als Vorfrucht sorgen dafür, dass der Weizen mit weniger Stickstoffdüngung auskommt. Je höher die Preise für Stickstoffdünger, desto interessanter macht das die Leguminosen. Insgesamt würde der Winterweizen durch das Stoppelweizenverbot nicht viel Anbaufläche in Deutschland verlieren, prognostiziert Hogrefe.

Raps vor Comeback

Im Sommer erreichte der Preis für Raps am europäischen Terminmarkt Spitzenwerte von über 1.000 €/t. Mittlerweile hat er sich wieder eingependelt, liegt aber nach wie vor bei über 600 €/t – ein sehr solider Wert, den man jahrelang nicht gesehen hatte. Aber auch ein paar alte Trümpfe des Rapses sind plötzlich viel wichtiger als zuvor: Im Raps lassen sich Ungräser, denen man im Getreidebestand kaum noch Herr wird, effizient bekämpfen. Nach Raps brauchen Landwirte in der Regel weniger Fungizide, weil er die Vermehrung von Schaderregern unterbricht. Und derzeit noch wichtiger als sonst: Generell braucht es nach Raps keine tiefe Bodenbearbeitung. Das spart Diesel!

Die Züchter haben in den letzten Jahren geliefert. Moderne Sorten kommen viel besser mit weniger Stickstoffdünger aus – und kompensieren so die Düngerestriktionen weitgehend. Die Toleranz gegenüber dem Wasserrübenvergilbungsvirus ist mittlerweile in beinahe jeder Neuzulassung verankert. Und gute Nachrichten gibt es auch an der Kohlhernie-Front: Resistente Rapssorten haben gegenüber den konventionellen nur noch geringfügige Ertragsnachteile. Sehr erfreulich sind weiterhin erste Ergebnisse zu Sorten mit geringerem Erdflohlarvenbefall – ein Lichtblick, während die verbleibenden Insektizide immer weniger wirken. Doch der wichtigste Faktor für den Ertrag ist mittlerweile, dass die Sorte gut mit Trockenheit zurechtkommt. Das gilt deutschlandweit. Winterhärte tritt dagegen etwas zurück in der Bedeutung.

Zuckerrübe bringt Geld, kostet Wasser

Nach dem Ende der EU-Zuckermarktordnung haben sich Zuckermarkt und Rübengeld stabilisiert. Für die kommende Ernte scheinen sogar Preise von bis zu 40 €/t erreichbar – und für die Ernte 2023 wohl auch darüber. Die Rübe gewinnt damit deutlich an Vorzüglichkeit. Gleichzeitig bleiben aber die ackerbaulichen Herausforderungen. So haben Blattkrankheiten im vergangenen Jahr die Erträge regional stark geschmälert. Vor allem Süddeutschland kämpft mit Cercospora.

Einen Teil der Antwort liefern die Züchter – Sorten mit hoher Blattgesundheit halten auch Cercospora über die Saison hinweg in Schach. Fungizide können ebenfalls helfen, haben aber teils nur eine Notfallzulassung. Eine gute Feldhygiene ist daher umso wichtiger.

In feuchteren Jahren bleibt die Rübenfäule eine Herausforderung, vor allem in Betrieben mit engen Maisfruchtfolgen wie z.B. in Westfalen und Niedersachsen. Bisher half hier fast nur die Feldhygiene. Zur kommenden Saison stehen jedoch zusätzliche Sorten mit Toleranz bzw. Resistenz gegen den Erreger Rhizoctonia zur Verfügung. Ähnliche Fortschritte der Züchter zeichnen sich bei Vergilbungsviren und SBR ab. Insgesamt können Rübenanbauer etwas kompensieren, dass immer mehr Pflanzenschutzmittel wegfallen, und Überfahrten einsparen.

Dankbar für diese Unterstützung durch die Züchter zeigt man sich beim LIZ, dem Landwirtschaftlichen Informationsdienst Zuckerrübe von Pfeifer & Langen. Der Sortenspezialist und Leiter der landwirtschaftlichen Beratung dort, Dr. Alexander Ungru, sieht die den Rübenanbau vor großen ackerbaulichen Herausforderungen. „Zur Zeit hilft uns die gute Arbeit der Züchter, mit diesen Herausforderungen umzugehen“, sagt er.

Mais hat’s schwer

Eigentlich ist der Mais ein Gewinner des Klimawandels. Er profitiert mehr als andere Kulturen von höheren Temperaturen und mehr CO2 in der Atmosphäre. Denn im ersten Schritt der Photosynthese bindet er gleich vier Kohlenstoffatome anstatt – wie die meisten anderen Pflanzen – nur drei („C4-Pflanze“). Deswegen nutzt er mehr CO2 effizient aus. Auch aus ackerbaulicher Sicht bleibt er beliebt. Er macht während der Anbauphase eher wenig Arbeit und bringt Abwechslung in sonst winterungslastige, enge Fruchfolgen.

Doch natürlich hilft ihm das alles nichts, wenn er in extremen Trockenjahren wie diesem in eine frühe Notreife geht. Und selbst, wenn man darauf setzt, dass im kommenden Jahr die Niederschläge wieder passen, spricht ein weiteres Argument gegen mehr Silomais in der Fruchtfolge: der Preis. In normalen Jahren ist er Raps und Zuckerrübe beim Deckungsbeitrag um ca. 20 % unterlegen.

Dann bietet sich Körnermais als Alternative an, wenn man ihn selbst verwertet oder die passenden Abnehmer hat. Er bringt mehr Erlös, der derzeit aber überwiegend in die Mehrkosten für Trocknung fließt. Die derzeit hohen Energiepreise fressen den Mehrerlös auf.

Abhilfe bei den hohen Trocknungskosten könnten frühreife Zahnmaissorten schaffen, die aufgrund eines zügigen Dry-Downs geringere Wassergehalte zur Ernte aufweisen. Die Züchtung hat diesbezüglich in den letzten Jahren große Fortschritte gemacht. In der Praxis sind Zahnmaise mit 230er Körnerreife bereits erfolgreich angekommen.

Bei allen Kulturen helfen also neue Sorten den Anbauern dabei, mit neuen Herausforderungen zurechtzukommen. Doch gibt es noch weitere Ansatzpunkte, vielleicht sogar vor der Aussaat?

Elektronische Beize der Erlöser?

Seit einigen Jahren ist elektronisch gebeiztes Getreidesaatgut erhältlich. Die Körner werden bei diesem Verfahren vereinzelt und mit Elektronen beschossen. Das hilft vor allem gegen pilzliche Erreger, die auf der Kornoberfläche überdauern, insbesondere gegen Weizensteinbrand und Roggenstängelbrand. Das macht die E-Beize nicht zuletzt im Ökolandbau interessant. An Erreger unterhalb der Kornoberfläche – allen voran Fusarien – kommen die Elektronen aber nicht heran. Und gegen bodenbürtige Erreger sowie Fraßschädlinge hilft das Verfahren naturgemäß nicht. Deswegen wird es vorerst eher eine Ergänzung zu guter Fruchtfolge, klassischer Beize und Pflanzenschutz bleiben.

Politik: Mehr Korn, weniger Regeln!

Bei all dem schwebt die Reform der gemeinsamen Agrarpolitik Europas (GAP) derzeit wie ein Damoklesschwert über den Landwirtsfamilien. Mehr Regeln gegen weniger Fördergeld, könnte man den Stand des Vorhabens zusammenfassen. Vor allem, dass die Politiker zwischenzeitlich schon für den kommenden Förderantrag Vorgaben zu Fruchtwechsel und Flächenstillegung andachten, sorgte für Unsicherheit auf den Ackerbaubetrieben. Darf ich nach der aktuellen Ernte Stoppelweizen oder Roggen nach Roggen noch einsäen? Wie viel Fläche muss ich stilllegen, um im Mai noch mit meinem Antrag durchzukommen?

Bund und Länder haben sich grundsätzlich darauf geeinigt, zumindest in diesem Jahr beides – Fruchtwechsel und Stilllegung – noch nicht anzuwenden. Bis sie allerdings wirklich verlässliche Regeln dazu erlassen, dürften viele Hektar im ganzen Land längst eingesät sein.

Was also tun? Lohnt es sich vielleicht sogar, die Förderung zu riskieren und die möglichen Vorgaben nicht einzuhalten? Ohnehin sinkt die Förderung, da die Greeningprämie ersatzlos wegfällt.

Bei der großen Agrarberatung Koesling Anderson hat man festgestellt, dass auf einzelnen Schlägen eine Fruchtfolge, die sich nicht an die neue GAP hält, sogar besser rechnen könnte als eine GAP-konforme. Der Vorteil der Praktiker dabei: Das System der Zahlungsansprüche entfällt. Wer in einem Jahr keine Förderung erhält, kann sie im nächsten Jahr wieder beantragen.

Der Normalfall ist das aber keineswegs, betont Wolfgang Gerd Dähn, Berater bei Kösling Anderson. „Für die meisten Betriebe lohnt es sich, sich an alle aktuellen Regeln zu halten und die Anbauplanung nicht anzupassen, solange die Vorgaben zu Fruchtwechsel und Stilllegung nicht offiziell ausgesetzt sind." Alles andere sei derzeit zu riskant – für die meisten Betriebe.