Auf der Agritechnica im Jahr 1995 präsentierte Fendt mit dem Favorit 926 Vario eine Weltneuheit – den ersten Fendt mit einem Variogetriebe. Damit setzte Fendt vor dreißig Jahren einen neuen Maßstab für stufenlose Antriebe und Fahrkomfort. Eine Innovation, die bis heute als unerreicht gilt, und maßgeblich zum weltweiten Erfolg von Fendt Traktoren beiträgt. Anlässlich der vierten und bisher größten Mitgliederversammlung des Fendt Classic Club International trafen sich mehr als 300 Fendt Enthusiasten in Marktoberdorf, darunter Zeitzeugen aus der Entwicklungsgeschichte des Variogetriebes.

„Seit 2009 haben alle Fendt Schlepper ein Variogetriebe, seit diesem Jahr ist mit VarioDrive die neue Generation ab der Baureihe Fendt 500 Vario verfügbar. Diese Erfolgsgeschichte begann aber schon viel früher“, schlägt Christoph Gröblinghoff, Vice President und Vorsitzender der Fendt Geschäftsführung, den Bogen zwischen den fünf neuen Baureihen und dem Jubiläum. „Wir wissen neue Traktoren profitieren häufig vom Ruf ihrer Vorgänger und wir als Marke profitieren vom einzigartigen Erfolg des Fendt Variogetriebes.“
Der lange Weg zum Erfolg
30 Jahre und über 400.000 Getriebe später, fällt es schwer zu glauben, dass die ersten Schritte zum Verkaufsschlager holprig waren: „So selbstverständlich der stufenlose Antrieb heute ist, so mühselig war der Weg dorthin“, erinnert sich Dr. Reiter, ehemaliger langjähriger Geschäftsführer der Forschung und Entwicklung. „Aber eins ist klar, ohne Hans Marschall gäbe es das Variogetriebe heute nicht.“ Der Ingenieur Hans Marschall war über 30 Jahre für Fendt tätig und die Entwicklung eines stufenlosen Hydrostatgetriebe für Traktoren wurde zu seiner Lebensaufgabe. Auf der Hannover Messer entdeckte er 1972 das letzte Puzzlestück bei Volvo. Er kombinierte eine äußere Leistungsverzweigung mittels Planetengetriebe mit Weitwinkelhydrostaten von Volvo. Allerdings war dies noch nicht der Durchbruch.
Das Variogetriebe – ein Lebenswerk
Nach einem Austausch mit Dr.-Ing. E.h. Hermann Fendt konnte Marschall 1981 ein Versuchsgetriebe mit drei Hydrostaten bauen, das sogenannte „Tristat“. Mitte der 1980er Jahre baute er sein Getriebe für Fahrversuche provisorisch in einen Traktor. „Die Vergleichsfahrt war schon eine Herausforderung für uns. Aber wir waren guter Dinge, dass wir mit unserem Prototyp gut abschneiden. Der Vergleichsschlepper musste auf der Vergleichsstrecke bergauf 18 Mal unter Volllast schalten. Wir mussten gar nicht schalten. Da wussten wir, dass wir mit unserem Getriebe viel an Komfort gewinnen können“, erinnert sich Richard Heindl, der als Jungingenieur zu Fendt kam und gemeinsam mit Hans Marschall im Testtraktor saß. Von den ersten Testläufen bis zur Serienfertigung verging ein Jahrzehnt. In dieser Zeit erkrankte Marschall schwer und erlebte die Serienreife seines Getriebes leider nicht. Dieserienreife Entwicklung trieben Dr. Hermann Fendt, Richard Heindl und Robert Honzek voran.
Ein serienreifer Pionier auf weiter Flur
Vor dem Erfolg des Variogetriebes war die Skepsis: Fendt intern bedeutete die Fertigung des Getriebes eine Umstrukturierung. Vor dreißig Jahren standen Marketing und Vertrieb vor der Herausforderung eine Weltneuheit an die Landwirte zu bringen. Dazu setze Fendt auf ein Zusammenspiel aus Fachpresse, DLG Tests und mutigem Marketing. Manfred Neunaber, seinerzeit profi Chefredakteur, erinnert sich an seinen Fahrbericht zum Variogetriebe. Beim Pflügen mit dem Fendt Favorit 926 Vario habe er zwar nicht mehr schalten müssen, sich aber auch gefragt, ob diese Erfindung wirklich eine notwendige Innovation sei.
„Meine Erleuchtung kam erst, als ich vom Fendt Favorit 926 Vario auf einen Schaltschlepper gewechselt bin, den Fendt Favorit 515 C mit vierstufiger Lastschaltung. Da habe ich erst gemerkt, wie oft man tatsächlich zum Schalthebel greift“, erinnert sich Neunaber. Neben dem Plus an Komfort habe ihn die Grenzkraftregelung überzeugt, die es möglich macht, immer im optimalen Bereich zu fahren. Neunaber war nicht der Einzige, der sich mit dem Variogetriebe anfänglich schwertat: In der längsten Audiokonferenz seiner Karriere habe er acht Stunden lang intensiv über das Fendt Variogetriebe diskutiert.
Auf den Prüfstand kam das Variogetriebe bei Manfred Lober, der die Abteilung Schlepper und Fahrzeuge an der DLG-Prüfstelle Groß-Umstadt leitete. Gleich vier Monate wurden Getriebe, Motor und Traktor sorgsam getestet und gemessen. Die Abschlussbewertung: „So ein hervorragendes serienreifes Getriebe hätte ich der Firma Fendt zu dem damaligen Zeitpunkt nicht zugetraut“, gibt Lober offen zu. „Meine Erwartungen wurden übertroffen. Das war wirklich eine Sensation.“ Diese Sensation wurde in den Folgejahren laut Andreas Loewel, ehemaliger Fendt Vertriebschef Deutschland, mit dem Verkaufsslogan „Fahren Sie schon oder schalten Sie noch?“ beworben. Progressive Kunden waren sofort interessiert, abschließend überzeugen konnte das Variogetriebe neben dem Komfortgewinn insbesondere mit der Sparsamkeit beim Dieselverbrauch.
Nicht nur in der Entwicklung und im Marketing stellte man sich auch die neue Technologie ein, die Produktion musste plötzlich ganz neue Anforderungen erfüllen. „Wir waren konfrontiert mit neuen Anforderungen und Investitionen, wie Bearbeitungszentren und Messwerkzeugen und unsere Mitarbeiter mussten sich mit einer neuen hydrostatischen Energie auseinandersetzen“, berichtet Wilhelm Rehm, ehemaliger Geschäftsführer der Fendt Produktion. „Wir haben die Ärmel hochgekrempelt, ein motiviertes Team zusammengestellt und die Mitarbeiter haben mit sehr viel Eigeninitiative dafür gesorgt, dass wir die ersten Prototypen fertigen und Schlepper auf den Markt bringen konnten.“
Über das Fendt Variogetriebe

Auf der Agritechnica 2025 stellt Fendt in diesem Jahr neben anderen Maschinen aus dem Fendt Erntetechnik Programm gleich fünf neue Traktorenbaureihen aus:
- Fendt 300 Vario
- Fendt 500 Vario
- Fendt 700 Vario Gen7.1
- Fendt 800 Vario
- Fendt 1000 Vario
Auf dem Fendt Messestand in Halle 20 wird auch der Fendt Classic Club International mit einem Fendt Favorit 926 Vario stehen.
Über den Fendt Classic Club International e.V.
Gegründet am 27. Oktober 2021 auf Initiative der AGCO/Fendt Geschäftsführung zählt der Fendt Classic Club International heute mehr als 800 Mitglieder. Die Hauptaufgabe des Vereins besteht darin, die umfangreich und über 90-jährige Firmenhistorie erlebbar zu machen sowie Fendt Fans, Sammler und Liebhaber der Marke auf der ganzen Welt zu vereinen. Darüber hinaus setzt sich der Verein für den Erhalt und die Würdigung von historischen, kultigen und starken Traktormodellen der Marke Fendt ein.